Alexandra – Beim Musical „König der Löwen“

Ein blauer Teddy, ein Pandabär und eine gelbe Fan-Kiste: Erinnerungen, die Alexandra zu Hause bei ihren Eltern aufbewahrt. Zwar sind es Dinge, die auch im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung stehen, doch in erster Linie sind es bunte Erinnerungen und nicht die Krankheit, die Alexandra beim Anblick der Dinge in den Kopf kommen.

Alexandra mit der Fan-Kiste

„Die habe ich immer noch“, sagt die heute 28-jährige Alexandra lachend als sie im wünschdirwas-Büro alte Fotos von ihrer Wunscherfüllung vor fast 15 Jahren sieht. Sie zeigt auf die gelbe Kiste, die auf dem Bild zu sehen ist. Es ist eine Fan-Kiste des Musicals König der Löwen und Alexandra erinnert sich an jedes Teil darin. Voller Freude schaut sie sich die Bilder von damals an und muss über den Brief schmunzeln, den sie im Anschluss an ihre Wunscherfüllung als Dankeschön an wünschdirwas geschrieben hat. So ganz erinnert sie sich nicht mehr an den Brief, an ihre Wunscherfüllung umso mehr.

Im Herbst 2003 geht es für Alexandra zusammen mit ihrer älteren Schwester und ihren Eltern nach Hamburg, um das Musical König der Löwen zu sehen – ihr erster Musicalbesuch. „Es war toll. König der Löwen ist schon etwas ganz besonderes, auch von der Lokalität her“, erinnert sich Alexandra. Seitdem habe sie viele Musicals besucht, doch König der Löwen toppe nach wie vor alle. Auch die Backstage-Führung am nächsten Tag sei toll gewesen. Vor allem die Masken hätten sie total beeindruckt, die, obwohl sie so pompös aussehen, total leicht sind. Sie genießt die Wunscherfüllung und das Wochenende in Hamburg in vollen Zügen, vor allem, dass sie das mit ihrer ganzen Familie erleben darf. Dass sie in der Klinik nach ihrem Wunsch gefragt worden ist, sei für sie bereits etwas ganz Besonderes gewesen: „Ich habe mich total geehrt gefühlt, dass ich nach meinem Wunsch gefragt und dass der dann auch erfüllt wurde.“ Der erste Wunsch, der ihr damals einfällt, ist ein Treffen mit Julia Roberts und Richard Gere. „Aber da hat meine Mutter gesagt, ich solle mir lieber etwas anderes überlegen, mein Englisch sei ja nicht so gut“, lacht Alexandra. Dann sei ihr aber auch direkt das Musical eingefallen.

Pandabär und Teddybär

Zu dem Zeitpunkt ist Alexandra 13 Jahre alt und hat ihre dritte große Herz-Operation hinter sich. Sie ist mit einem Herzfehler zur Welt gekommen. Zum ersten Mal wird sie bereits einige Wochen nach der Geburt operiert. Die zweite Herz-OP hat sie dann im Alter von 2,5 Jahren in Monaco, doch daran kann sie sich natürlich nicht richtig erinnern, nur an den blauen Teddy, den sie damals hatte und der plötzlich verschwunden war. Als die Krankenschwestern das mitbekommen, schenken sie ihr zum Trost einen Pandabären. Irgendwann taucht auch ihr blauer Teddy wieder auf, er war in der Wäscherei gelandet. Beide Kuscheltiere hat sie bis heute aufbewahrt. „Ich kann mich nicht an die OP oder an Monaco erinnern, aber die beiden Bären, die habe ich noch“, erzählt sie.

Alexandra als Jugendliche

Aber eigentlich verbinde sie die Bären gar nicht so sehr mit Krankheit, so wie die Krankheit auch sonst keine übergeordnete Rolle in ihrem Leben spiele. „Ich habe mich nie als krank gesehen und nie darüber nachgedacht.“ Klar sei sie nie so belastbar gewesen wie andere Kinder, aber davon habe sie sich nicht abhalten lassen. „Wenn es nicht weiterging, dann ging es eben nicht weiter und ich musste eine Pause machen“, erklärt sie. An ihre dritte große OP erinnert sie sich als „den kürzesten Tag meines Lebens“. Angst habe sie nicht gehabt. „Ich bin grundsätzlich kein ängstlicher Mensch“, erzählt sie. „Das liegt vielleicht auch mit daran, dass meine Eltern mit der Situation ziemlich entspannt umgegangen sind und die Sorgen, die sie sich sicherlich auch gemacht haben, mir gegenüber nicht gezeigt haben.“

Alexandra beim Wandern mit der Familie

So ist es auch die Tatsache, dass gerade Sommerferien sind und ihre große Schwester eine Reise mit einer Jugendgruppe nach Spanien macht, das, was sie am meisten an der Operation stört. „Ich war so neidisch. Sie hatte einen schönen Urlaub und kam total braungebrannt zurück und ich hatte drei Wochen im Krankenhaus verbringen müssen“, grinst Alexandra. Doch dafür darf sie direkt nach dem Krankenhausaufenthalt zu ihren Verwandten in die Alpen nach Ruhpolding und den Rest ihrer Sommerferien genießen. Alexandra liebt die Berge und das Wandern und lässt sich dann auch nicht davon abbringen eine Wanderung mit ihrer Familie auf den Rauschberg zu machen. Im Nachhinein muss sie zugeben, dass es nicht die allerbeste Idee war, denn für eine Wanderung ist sie so kurz nach der OP eigentlich nicht fit genug und muss noch viel mehr Pausen machen als sonst. „Obwohl wir nur einen kürzeren Anstieg gemacht haben, hat es ewig gedauert, aber ich wollte mich davon ja nicht abhalten lassen und musste mich durchsetzen.“ Überhaupt hat sie sich im Leben durch die Krankheit nie von dem abhalten lassen, was sie machen wollte. „Wenn man sich von seiner Krankheit bestimmen lässt, hat man schon verloren“, ist sie überzeugt.

Alexandra vor der wünschdirwas Wand

Nach der Schule macht sie zunächst eine Ausbildung zur Arzthelferin, doch sie merkt bald, dass es nicht ganz der richtige Beruf ist und beschließt, Ergotherapeutin zu werden. Doch zuvor macht sie eine einjährige Ausbildung zum Rettungssanitäter, auch wenn ihre Mutter Bedenken hat, ob das gesundheitlich überhaupt machbar ist, doch auch hier setzt sich Alexandra durch: „Ich war auch schon vorher jahrelang im Sanitätsdienst der Johanniter aktiv und es war ein großer Wunsch von mir die Ausbildung zum Rettungssanitäter zu machen.“ Es seien wichtige Erfahrungen für sie gewesen. Mittlerweile arbeitet sie als Ergotherapeutin und hat darin ihren Traumjob gefunden: „Es ist auch schon mal ein Knochenjob und körperlich für mich anstrengend, aber ich mache das sehr, sehr gerne.“

Alexandra mit einem Elefant

Auch hier merkt man schnell, dass sich Alexandra von ihrer Krankheit nicht einschränken lässt, genauso wenig, wenn es um ihre Leidenschaft, das Reisen, geht – am liebsten von Ort zu Ort mit einem Rucksack auf dem Rücken und möglichst viel sehen. „Klar ist diese Art des Reisens anstrengend, ist ja für Jeden so, und für mich halt ganz besonders“, sagt sie. Zu Hause hat sie eine Weltkarte, auf der die Länder freigerubbelt werden können, die sie bereits besucht hat und die irgendwann möglichst viele freie Felder haben soll. Demnächst wird wieder ein Teil auf der Welt freigerubbelt werden können. Zusammen mit ihrem Freund geht es auf eine Backpacking-Tour nach Thailand und Kambodscha.

Als sie gefragt wird, ob sie einen Rat für andere Kinder und Jugendliche hat, die schwer erkrankt sind, fällt ihr die Antwort schwer. „Ich weiß nicht, ob es da etwas gibt, was grundsätzlich hilft. Jeder ist da ja anders, jede Erkrankung, jedes Schicksal. Ich glaube, es ist nicht so einfach etwas zu finden, was auf jeden zutrifft.“ So sei sie auch nicht sicher, dass ihre Einstellung sich nicht von der Erkrankung bestimmen zu lassen für Jeden das Passende sein muss. Für Alexandra ist sie es aber allemal.

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