Von der Leseratte zur Weltautorin

Unsere engagierte wünschdirwas-Botschafterin, die erfolgreiche Buchautorin Cornelia Funke, veröffentlicht heute ihr zweites Buch der „Reckless“-Serie, das von ihren Fans schon mit Spannung erwartet wird. Ihre Hauptfigur Jacob wird in diesem Band sicher wieder aufregende Abenteuer in der Welt hinter dem Spiegel erleben. Trotz Lesereise und zahlreicher Foto- und Pressetermine, hat sich Cornelia Funke extra etwas Zeit für wünschdirwas genommen und uns sehr persönlich Rede und Antwort gestanden. Wollten Sie schon immer wissen, welchem der fünf Hühner ihrer „wilde Hühner“-Reihe die kleine Cornelia ähnelte? Dann lesen Sie das spannende Interview.
Sie sind eine der erfolgreichsten
Autorinnen auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt, schreiben aber auch sehr
erfolgreich für Erwachsene. Jetzt erscheint der zweite Teil der
Reckless-Serie. Was hat Sie dabei besonders fasziniert?
Bei der Vorbereitung steckte ich bis zum Scheitel in russischen Märchen. Ziemlich wunderbar.
Haben Sie die Geschichten, die Sie schreiben, bereits vorher im Kopf oder entstehen sie beim Schreiben?
Einiges
bereite ich vor, aber ich will es nie zu genau wissen, denn ich liebe
es, wenn die Geschichte zu atmen beginnt und mich überrascht.
Da Sie zuvor selber als Illustratorin gearbeitet haben, könnte
ich es mir schwierig vorstellen, diesen Bereich in die Hände von anderen
Personen zu geben, da Sie doch sicher schon eine recht genaue
Vorstellung von den Illustrationen haben, oder?
Ja, ich
illustriere die meisten meiner Bücher selbst, aber manchmal kann die
Zusammenarbeit mit einem Illustrator eine große Bereicherung und
Inspiration sein. Für Kerstin Meyer, die die meisten meiner Bilderbücher
illustriert hat, habe ich sogar eigens mehrere Geschichten geschrieben,
und Friedrich Hechelmann hat Geisterritter gerade auf so phantastische
Weise illustriert, wie ich es nie zustande brächte. Dasselbe Buch ist
für die USA von Andrea Offermann, einer Hamburger Illustratorin, ganz
wunderbar schwarzweiss bebildert worden.
Lesen Ihre Kinder ihre Manuskripte/ ist Ihnen deren Meinung wichtig?
Ja,
als sie kleiner waren, haben sie all meine Geschichten geprüft und
kommentiert. Meine Tochter Anna tut das immer noch und ist eine
phantastische Lektorin, aber mein Sohn Ben steckt den Kopf inzwischen
wesentlich lieber in seine elektronische Musik als in ein Buch.
Sie sind vor einigen Jahren nach Los Angeles in Kalifornien umgezogen. Werden Sie dort auf der Straße erkannt/ angesprochen?
Nein. Das passiert hier und Deutschland höchstens, wenn ich gerade im Fernsehen war, was zum Glück sehr sehr selten vorkommt.
Ist das Leben als Schriftstellerin in Deutschland anders als in USA?
Nein,
nicht wirklich. Vielleicht würde ich in Deutschland etwas öfter
erkannt, aber Schriftsteller entkommen dem Celebrity-Rummel ja
wesentlich einfacher als Schauspieler. Aber das Leben an sich ist in
Kalifornien natürlich sehr anders.
Trotz ihres Umzugs nach Los Angeles setzen Sie sich als
Botschafterin für wünschdirwas in Deutschland ein und das schon seit dem
Jahr 2007. Wie kam es dazu?
Ich wurde von wünschdirwas gefragt,
und da ich die Arbeit der Organisation schon immer bewundert habe,
fühlte ich mich sehr geehrt und verdanke wünschdirws ein paar
unvergessliche Begegnungen mit sehr beeindruckenden Kindern.
Sie haben selbst zwei Kinder im Teenageralter, sprechen Sie mit
ihnen über wünschdirwas, beziehungsweise über Ihre Begegnungen mit
kranken Kindern?
Anna und Ben wissen, dass mir ein Engagement wie
das für wünschdirwas und für misshandelte Kinder hier in Los Angeles
ebenso wichtig ist wie mein Schreiben und Gespräche über die
Organisationen, die ich unterstütze, gehören ebenso zum Alltag wie
Gespräche über Verlage und Buchfestivals.
Haben Sie Ihre Erfahrungen bei wünschdirwas schon mal für Ihre Bücher inspiriert?
Noch
ist das nicht direkt passiert, aber umgekehrt hat mich meine Arbeit als
Sozialarbeiterin zu vielen meiner Bücher inspiriert und diese Arbeit
hat natürlich auch damit zu tun, dass ich es bis heute sehr wichtig
finde, mich für wünschdirwas und andere Organisationen zu engagieren.
Wie war Ihr erstes Treffen mit einem Kind von wünschdirwas? Haben Sie sich auf dieses Treffen in besonderer Weise vorbereitet?
Ich
glaube nicht, dass man sich auf solch ein Treffen vorbereiten kann. Ich
bin Krankheit und Tod in meinem Leben ja auch schon begegnet und mir
sind Kinder generell sehr sehr nahe. Ich wusste, dass ich einem Kind
begegnen würde, das schon sehr viel mehr über die Welt und Licht und
Schatten gelernt hatte, als die meisten, selbst sehr viel älteren
Menschen. Ich wusste, dass ich Schmerz und Mut begegnen würde, dem Leben
und dem Tod, aber ich empfinde all das als ständig gegenwärtig und
nicht als ‚unnatürliche’ sondern zutiefst natürliche Situation. Ich
hoffe, dass ich noch viele solcher Begegnungen haben werde und diesen
Kindern, denen das Leben so viel abverlangt, etwas geben kann, das gegen
die Dunkelheit wiegt.
Bei Ihrer „wilden Hühner“- Reihe haben
Sie sich von vielen Personen aus ihrem Umfeld inspirieren lassen,
welches der Mädchen ist denn der kleinen Cornelia am ähnlichsten?
Ich bin wohl am ehesten wie Sprotte, aber ich halte Frieda für die Netteste.
Waren Sie denn als Kind selbst auch ein Abenteurer wie viele ihrer Romanfiguren?
Nein, nicht wirklich. Ich habe von Abenteuern geträumt, aber meist in der Bibliothek.
Wenn Sie sich etwas wünschen dürfen, was wäre das?
Fliegen zu können 🙂
Was wünschen Sie den Kindern von wünschdirwas?
Dass
das Leben ihnen neben dem Schmerz und der Angst, die es ihnen als
Aufgabe stellt, auch Liebe und Licht genug schickt, um beides zu
bewältigen. Und dass sie sich niemals auf ihrem schweren Weg
alleingelassen fühlen oder die Erfahrung machen, dass man ihnen den
Rücken kehrt aus Angst vor dem Schmerz, an den sie erinnern.