“One more song for keeping us going on” – so lauten Zeilen aus dem Refrain von Janines Lieblingssong der Kelly Family. Ende 2001 durfte sie ihre Lieblingsband treffen. In dieser Mutmachergschichte erzählt sie von ihrer Wunscherfüllung, ihrer Erkrankung und einem langen Weg.
„Durchhalten. Tief einatmen und durchhalten“, sagt Janine bestimmt. Es ist die Antwort auf die Frage, was sie anderen schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen mit auf den Weg geben möchte. Eine Antwort, die bezeichnend ist für Janines Geschichte, genauso wie die Zeilen „One more Song for keeping us going on“ aus ihrem Lieblingssong. Denn bis Janine endlich wieder gesund wird, ist es, wie sie selbst sagt, „ein langer Kampf“. Als sie 11 Jahre alt ist, bekommt sie die Diagnose, dass sie an einer schweren Darmerkrankung leidet, von der sowohl ihr Dick- als auch ihr Dünndarm betroffen ist. Diese Kombination ist ungewöhnlich und die Ärzte finden keine geeignete Behandlungsmethode für sie. Einige Jahre später ist ihr Darm von so vielen Tumoren befallen, dass nur noch die Möglichkeit bleibt, ihren gesamten Dickdarm zu entfernen. Zwei schwere Operationen sind dafür notwendig. „Nach der ersten OP hatte ich einige Monate lang einen künstlichen Darmausgang. Ich war sehr oft überfordert mit dieser Situation. Ich war 15 und einfach hilflos“, erzählt die heute 31-Jährige. Und nach den beiden Operationen ist die Leidenszeit nicht vorbei. Immer wieder kämpft sie mit Komplikationen und schweren Nebenwirkungen. Es dauert mehrere Jahre bis sich ihr Zustand stabilisiert.
In dieser Zeit erfährt Heinrich Bings, ein Onkel von Janine, auf einer Familienfeier von ihrer schweren Erkrankung. „Als Heinz sah, wie es mir ging, sagte er, dass es doch nicht sein könne, dass es mir so schlecht gehe und ich so ganz ohne Halt wäre und dass man doch etwas tun müsse dagegen.“ Ohne dass Janine etwas ahnt, beschließt er, sich an wünschdirwas zu wenden. Kurz zuvor hatte er einen Bericht im Fernsehen gesehen. Schnell bekommt er die Antwort, dass Janines Wunscherfüllung geplant werden soll. „Diese schnelle Rückmeldung – ohne zusätzliche Bedingungen, wie z.B. eine Forderung erst Mitglied zu werden – hat mich begeistert“, erinnert sich Heinrich Bings. „Ich habe daraufhin um einen Termin in Köln gebeten, mit der Zielsetzung ehrenamtlich für wünschdirwas zu arbeiten.“ Er wird Ehrenamtler bei wünschdirwas und ist es seitdem nach wie vor. Janines Wunscherfüllung wird auch sein erster großer Einsatz für wünschdirwas.
Die Wunscherfüllung soll die 15-Jährige zu ihrer Lieblingsband, der Kelly Family, führen. Seit der ersten Klasse ist sie großer Fan. Eine Schulkameradin hat sie zur Kelly Family gebracht. „Sie hat ein T-Shirt getragen, auf dem ein Foto von Paddy Kelly aufgedruckt war“, erinnert sich Janine. „Ich wollte ihr nicht glauben, dass das ein Junge auf dem Bild sein soll. Dann hat sie mir eine CD ausgeliehen und von da an war ich Kelly-Fan, mit allem drum und dran.“ Ihr Zimmer ist komplett tapeziert mit Postern, am liebsten mag sie Paddy und Kathy Kelly. Ein Treffen mit ihren Stars wäre für sie das Größte. Und genau das planen Heinrich Bings und ihre Mutter gemeinsam mit wünschdirwas. Es soll eine Überraschung werden. „Irgendwann erzählten mir Heinz und meine Mutter, dass wir nach Düsseldorf zum Kelly-Konzert fahren und ich vorher alle treffen kann. Ich habe ihnen nicht geglaubt, ich dachte, sie würden mich veräppeln.“ Für Janine ist es unvorstellbar, dass so etwas überhaupt möglich wäre. Die Operationen liegen erst einige Monate zurück, sie hat wenig Kraft, vor allem nicht genug, um für ein Konzert anzustehen und wie sollte es überhaupt zu einem Treffen kommen? „So richtig Klick hat es erst an der Kasse gemacht, als wir ankamen und direkt reingehen konnten. Erst da dachte ich: ‚Du triffst die Kellys jetzt tatsächlich‘.“
Und als sie die Kellys tatsächlich backstage trifft, werden ihre Erwartungen übertroffen. „Ich hatte gedacht, dass sie so kurz vor dem Konzert nur kurz rauskommen, paar Fotos machen und dann wieder gehen, aber so war es nicht. Sie haben sich alle viel Zeit genommen, sich mit mir unterhalten, sie erkundigt, woran ich erkrankt bin und wie es mir geht, mir viel Gesundheit gewünscht.“ Sie genießt das Treffen mit ihren Stars und das Konzert, das sie von einem abgetrennten Bereich vor der Bühne aus verfolgen kann, wo sie jederzeit raus kann, wenn es ihr schlecht geht.
Als sie im wünschdirwas-Büro die Fotos von ihrer Wunscherfüllung betrachtet, ist sie gerührt. Es stellt sich heraus, dass sie selbst keine vernünftigen Fotos von dem Tag besitzt, denn ihr Fotoapparat war kaputt, was sie aber erst feststellte, als sie die Bilder von ihrer Wunscherfüllung entwickeln ließ und sah, dass alle Köpfe halb abgetrennt waren. Ihre Freude darüber, 16 Jahre nach ihrer Wunscherfüllung Fotos von sich bei wünschdirwas wiederzusehen, ist riesig. „Das alles war ein unglaubliches Highlight für mich. Es hat mir so viel gegeben, das zu erleben. Ich hatte gerade diese schweren Operationen hinter mir. Während der zweiten OP habe ich so viel Blut verloren, dass ich nur knapp überlebt habe und dann diese Erlebnis.“ Janine hat Tränen in den Augen. „Oh, man. Ich hatte mir eigentlich fest vorgenommen, nicht zu weinen heute, aber ich bin einfach so super dankbar, dass ich das erleben durfte.“
Einige Jahre später geht es Janine gut. Ihr Körper hat sich an den neuen Zustand ohne Dickdarm adaptiert. Sie beendet die Schule, macht eine Ausbildung zur Erzieherin, beginnt zu arbeiten. Mit 23 Jahren bekommt sie aber einen schweren Rückfall. „Es war ein Schlag ins Gesicht. Die Ängste, dass alles wieder von vorne anfängt, waren riesig“, erzählt sie. Fast ein Jahr lang muss sie wieder kämpfen, doch ihr Körper kann sich erholen. „Ich hatte einfach unglaubliches Glück, dass ich mich von diesem schweren Rückfall wieder erholen konnte. Das ist sehr selten.“
Danach nimmt sich Janine erst einmal eine Auszeit und geht für zwei Jahre als Au-Pair nach Irland, um herauszufinden wie es für sie weitergehen soll. „Ich habe gerne als Erzieherin gearbeitet, aber ich wusste, dass ich noch etwas anderes wollte. Ich habe insgesamt länger gebraucht bis ich wusste, wohin es für mich gehen soll im Leben. Das hängt bestimmt auch mit der Krankheit zusammen. Ich habe ja dadurch meine komplette Pubertät verpasst.“ Ihr wird klar, dass sie auch weiterhin mit Kindern arbeiten will, jedoch nicht als Erzieherin, sondern als Lehrerin. Sie beginnt ein Lehramtsstudium für Geschichte und Deutsch und ist glücklich mit ihrer Entscheidung. Sie fühlt sich angekommen nach dem langen Weg. So antwortet sie auch auf die Frage nach ihren Wünschen heute: „Dass ich gesund bleibe, mein Studium beende und dann als Lehrerin arbeiten kann. Das ist es.“
Es ist übrigens wiederum wünschdirwas-Ehrenamtler Heinrich Bings, der Janine zurück zu wünschdirwas führt und sie ermuntert sich noch einmal bei wünschdirwas zu melden. „Ich möchte mich ebenfalls ehrenamtlich für wünschdirwas engagieren. Ich bin jetzt dreißig. Meine Krankheit habe ich gut überwunden. Ich brauche keine Medikamente, kann sogar 80% der Lebensmittel essen und habe kaum Einschränkungen. Es wird Zeit etwas zurückzugeben.“
zurück zur Übersicht der Mutmachergeschichten